200 Jahre Gründung Kirchenkreis Mülheim

Am 17.05.2017 jährte sich die Bildung der Kirchenkreise im Regierungsbezirk Köln. Der Hintergrund war die Neuorganisation der kirchlichen Strukturen im Rheinland, das durch die Schlussakte des Wiener Kongresses von 1815 dem Königreich Preußen eingegliedert worden war. In jeder preußischen Provinz wurde ein Konsistorium eingesetzt, das für die Leitung des Kirchen- und Schulwesens zuständig war. Das Konsistorium der Provinz Jülich-Kleve-Berg in Köln nahm 1816 seine Arbeit als staatliche Kirchenbehörde auf. Als mittlere Instanz zwischen dem Konsistorium und den Gemeinden wurden zunächst Inspektionen gebildet, und zwar im Regierungsbezirk Köln die beiden lutherischen Inspektionen in Mülheim am Rhein und in Gummersbach und die beiden reformierten Inspektionen in Mülheim am Rhein und in Homburg an der Bröl. Ende April 1817 wurde das Kölner Konsistorium vom Innenministerium aufgefordert, Vorschläge über eine zweckmäßige Einteilung kirchlicher Kreise zu machen. Das Konsistorium entschied sich am 17.05.1817 für die Einteilung des Gebiets des Regierungsbezirks Köln in drei Kirchenkreise, zwei reformierte und einen lutherischen.

Union beider evangelischer Konfessionen

Gleichzeitig mit der Bildung der Kirchenkreise sollte eine Vereinigung der lutherischen und der reformierten Konfession in Preußen durchgesetzt werden. Seit 1613 waren die Hohenzollern reformiert, die Mehrheit der Bevölkerung aber lutherisch. Zudem waren durch den Pietismus und die Aufklärung die Gegensätze zwischen den Konfessionen in den Hintergrund getreten. Im Juni 1817 wurde ein ministerieller Entwurf einer gemeinsamen Kirchenordnung für beide evangelischen Konfessionen vorgelegt. Hiernach sollten gemeinsame Institutionen eingerichtet werden. Zwar genehmigte das Innenministerium noch am 14.07.1817 die Bildung der drei vom Konsistorium vorgesehenen, konfessionell getrennten Kirchenkreise. Als am 01.08.2017 aber die Kreissynoden in Gummersbach und Mülheim am Rhein einberufen wurden, waren es zwei, jeweils für beide Konfessionen gemeinsame Synoden, nämlich:

die Kreissynode Mülheim am Rhein:

8 reformierte Gemeinden (Mülheim am Rhein, Gladbach, Delling, Köln, Frechen, Kirchherten, Oberkassel, Flamersheim),

10 lutherische Gemeinden (Mülheim am Rhein, Volberg, Klüppelberg, Köln, Honrath, Wahlscheid, Herchen, Leuscheid, Ruppichteroth, Seelscheid), und

die Kreissynode Gummersbach:

5 reformierte Gemeinden (Drabenderhöhe, Marienberghausen, Marienhagen, Nümbrecht, Wiehl),

12 lutherische Gemeinden (Gummersbach, Eckenhagen, Holpe, Odenspiel, Rosbach, Waldbröl, Gimborn, Müllenbach, Neustadt, Lieberhausen, Ründeroth, Wiedenest).

Die beiden Synoden waren sehr unterschiedlich: Die Gemeinden der Synode in Gummersbach lagen nahe beieinander in Landkreisen mit weit überwiegend evangelischer Bevölkerung (1828 zu 93% Evangelische im Kreis Gummersbach und zu 66% im Kreis Waldbröl). Dagegen erstreckte sich der Kirchenkreis Mülheim am Rhein über eine große Fläche und umfasste neben dem Gebiet der kreisfreien Stadt Köln das Gebiet von insgesamt acht staatlichen Kreisen: linksrheinisch die Kreise Köln, Bergheim, Bonn, Rheinbach und Lechenich, rechtsrheinisch die Kreise Mülheim, Wipperfürth, Uckerath und Siegburg. Allerdings gab es linksrheinisch in den Kreisen Köln, Bergheim und Rheinbach jeweils nur eine evangelische Kirchengemeinde und in den Kreisen Bonn und Lechenich noch gar keine.

Am 27. August 1817 trat die hierdurch einberufene Kreissynode in Mülheim am Rhein zusammen. Das Präsidium der Synode übernahm der bisherige Inspektor der lutherischen Inspektion Mülheim am Rhein, Pfarrer Johann Wilhelm Scheibler aus Volberg. Am Ende der Synode wurde zum ersten Superintendenten des Kirchenkreises Mülheim am Rhein Pfarrer Johann Heinrich Wilhelm Mühlinghaus gewählt, der auch aus Mülheim kam. Synodalassessor wurde Pfarrer Carl Friedrich Moes aus Leuscheid und Skriba Pfarrer Carl Lungstrass aus Wahlscheid. Die Synode genehmigte die Vereinigung der Pfarrer beider protestantischer Konfessionen zu einer Synode einstimmig und ging damit bei den Unionsbestrebungen voran.

Im Vorfeld des 300jährigen Reformationsjubiläums rief dann König Friedrich Wilhelm III. feierlich am 27. September 1817 zu einer Union der reformierten und der lutherischen Konfession in Preußen auf.

Durchsetzung presbyterial-synodaler Elemente

Der Zusammentritt der Kreissynode bedeutete noch keineswegs, dass die Gemeinden mit den vorgesehenen kirchlichen Strukturen einverstanden waren. Die reformierten Gemeinden in Jülich und Berg hatten sich 1674 eine presbyterial-synodale Kirchenordnung gegeben, und die lutherischen Gemeinden in Jülich und Berg waren diesem Vorbild 1677 gefolgt, so dass in diesen Ländern die wesentlichen Beschlüsse auf Synoden gefasst und nicht von Bischöfen oder dem Landesherrn verordnet wurden. Dem stand die Absicht des preußischen Königs gegenüber, im Rheinland und in Westfalen eine Konsistorialverfassung einzuführen, nach welcher der König als oberster Bischof das Kirchenregiment ausübte. Der hierdurch ausgelöste Streit dauerte von 1817 bis 1835. Der vorgelegte Entwurf der Kirchenordnung sah vor, dass sich die Synode nur aus Pfarrern zusammensetzen, keine wesentlichen Entscheidungsfunktionen haben und nicht jährlich tagen sollte.  Dementsprechend setzte sich auch die Synode in Mülheim 1817 nur aus Geistlichen zusammen. Sie beschloss jedoch, dass in Zukunft die Presbyterien Älteste zur Kreissynode deputieren sollten. Und bereits für die Kreissynode 1818 wurden Synodalälteste gewählt. Darüber hinaus hielt die Kreissynode 1817 fest, dass die Synoden nicht nur beratende Funktion haben sollten, sondern im Rahmen ihrer Kompetenz auch Beschlüsse zu fassen hätten. Die benachbarten Kreissynoden reagierten ähnlich und bestanden auch darauf, dass der Superintendent nicht, wie vorgesehen, vom König auf Lebenszeit ernannt, sondern von der Kreissynode gewählt wurde.

Verschärft wurde die Auseinandersetzung durch den Agendenstreit: König Friedrich Wilhelm III. wollte eine für die gesamte Evangelische Kirche in Preußen verbindliche Gottesdienstordnung erlassen. Die Kirchengemeinden im Rheinland und in Westfalen waren jedoch der Ansicht, dass das Recht zum Erlass einer Gottesdienstordnung den Kirchengemeinden selbst und den Synoden zustehe und nicht dem König als oberstem Bischof. Ein Kompromiss bestand schließlich darin, für Westfalen und die Rheinprovinz eine eigene Gottesdienstordnung zu erlassen. Am 19.04.1834 bestätigte König Friedrich Wilhelm III. die Agende für Westfalen und die Rheinprovinz. Als dann am 05.03.1835 die Kirchenordnung für die evangelischen Gemeinden der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz erlassen wurde, fand die Neuorganisation der kirchlichen Struktur ihren vorläufigen Abschluss.

Kirchenkreis Köln ab 1894

Der Kirchenkreis Mülheim am Rhein wurde 1894 geteilt, der südliche Teil hieß dann Kirchenkreis Bonn. Der nördliche Teil erhielt den Namen Kirchenkreis Köln. Zum Kirchenkreis Köln gehörten 1894 rechtsrheinisch die Gemeinden Mülheim am Rhein, Kalk, Gladbach, Delling, Volberg und Deutz, linksrheinisch die Gemeinden Köln, Ehrenfeld, Nippes, Brühl, Frechen und Kirchherten. Heute gehören von diesen 12 ursprünglichen Gemeinden die Gemeinden Mülheim am Rhein, Kalk-Humboldt, Bergisch Gladbach, Delling und Volberg-Forsbach-Rösrath zum Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch, die Gemeinden Köln, Köln-Deutz/Poll und Köln-Nippes zum Kirchenkreis Köln-Mitte, die Gemeinden Brühl und Frechen zum Kirchenkreis Köln-Süd, die Gemeinde Ehrenfeld zum Kirchenkreis Köln-Nord und die Gemeinde Kirchherten zum Kirchenkreis Gladbach-Neuss.

Zeittafel:

07.08.1816

Einteilung des Regierungsbezirks Köln in 4 Inspektionen:

2 lutherische Inspektionen (Gummersbach und Mülheim am Rhein),

2 reformierte Inspektionen (Homburg und Mülheim am Rhein)

Die lutherische Inspektion Mülheim am Rhein bestand aus 10 Gemeinden, zum Inspektor wurde Pfarrer Scheibler aus Volberg bestimmt.

Die reformierte Inspektion Mülheim am Rhein bestand aus 7 Gemeinden, Inspektor wurde Pfarrer Charlier aus Frechen.

17.05.1817

Einteilung des Regierungsbezirks Köln in 3 Kirchenkreise:

2 reformierte, 1 lutherischer Kirchenkreis

24.06.1817

Vorlage eines Entwurfs der „Synodal-Ordnung für den Kirchenverein beider evangelischer Confessionen im Preußischen Staate“

14.07.1817

Ministerielle Genehmigung der Kirchenkreis-Einteilung

01.08.1817

Einberufung der Kreissynoden für zwei Kirchenkreise:

Mülheim am Rhein und Gummersbach

27.-28.08.1817

erste Kreissynode des Kirchenkreises Mülheim am Rhein